Bertram Herr, «Der Standpunkt des Epitomators. Perspektivenwechsel in der Forschung am Zweiten Makkabäerbuch», Vol. 90 (2009) 1-31
According to a widespread opinion the purpose of the Second Book of Maccabees is to emphasize the great importance of the temple. This is plausible to a certain extent if the summary of history is read togther with the two introductory letters. But those authors are right who consider the letters to be originally independent of each other and also of the abrigded version. The construction of the summary taken in itself reveals a soteriology which attributes an important part to the witness of faith for the history of salvation, especially when bloodshed is involved. With regard to this point the abrigded version and the first introductory letter harmonize. Both the summary and the work as a whole have therefore a soteriological orientation and stress the witness of faith as relevant for salvation.
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auch schon in 1 Makk (mit Ausnahme von 2 Makk 3, das keine
Parallele in 1 Makk hat), auf das Heiligtum bezogen sind. Das heißt
aber doch wohl, daß in dieser Tatsache einfach die vor-jasonische
Tradition sich zeigt und von daher Schlüsse auf die besondere Tendenz
des Epitomators nicht zulässig sind†(57). Da im griechischen
Kulturraum die Errettung von Heiligtümern aus Feindeshand in
regelmäßigen Festen begangen wurden, könnte Jasons Komposition
als Ätiologie von Chanukkafest und Nikanortag gedacht gewesen sein:
“Sein Werk mag wirklich eine Art Haggada zum Chanukkafest
gewesen sein nebst Anhang zum Nikanortag†(58). Ohne die
Tempelthematik als roten Faden wäre Jasons Schrift kaum denkbar. In
der Epitome bilden die beiden Festnotizen in 10,8; 15,36 nicht
abschließende Höhepunkte, wie gerne behauptet. Dazu sind sie zu
kärglich. Dramaturgisch stellen sie eher Abschwünge dar, diachron
wären sie gut als Rudimente zu begreifen, die aus der Vorlage des
Epitomators resultieren. Auch dass die Inhaltsangabe ausdrücklich die
Brüder von Judas nennt (2,19), die in der Epitome so gut wie keine
Rolle spielen, dürfte auf eine Kürzung des Epitomators hinweisen, der
seine Geschichte streng auf Judas fokussierte (59).
Frappant ist allerdings eine bisher noch nicht beachtete
Inkongruenz zwischen Inhaltsüberblick und Kurzfassung: Insgesamt
ist das in der Epitome berichtete Geschehen gut in der Inhaltsübersicht
wiederzufinden; man vermisst in 2,19-22 lediglich einen einzigen
Zentralpunkt der Epitome, nämlich: die Martyrien Eleasars und der
Sieben Brüder mit ihrer Mutter sowie das Blutzeugnis Rasis.
Gemeinsam mit der Gliederung der Epitome, in der die Glaubens-
zeugnisse die Wendepunkte des Geschehens markieren, wird dadurch
deutlich, dass in ihnen der Hauptbeitrag des Epitomators zu seiner
Schöpfung vorliegt. Er hat mit den Märtyrererzählungen das
theologische Herzstück in seine Kurzfassung eingetragen. Dieses
Resultat bestätigt wiederum die Ansicht, im Schicksal des Tempels den
roten Faden von Jasons Werk zu bestimmen. Die Aussageabsicht des
Epitomators ist nun eingehend zu behandeln.
(57) ARENHOEVEL, Theokratie, 113.
(58) ARENHOEVEL, Theokratie, 114.
(59) Dagegen lassen sich wohl keine Schlüsse auf das Jasonwerk daraus
ziehen, dass 2,20 die Könige Seleukus IV. und Demetrius I. übergeht. Eine
Erweiterung der Schrift um 3,1–4,6 und 14,1–15,36 liefe der Aufgabe des Kürzers
— und als solchen versteht sich der Epitomator essentiell (2,32) — doch wohl
grundlegend zuwider.