Bertram Herr, «Der Standpunkt des Epitomators. Perspektivenwechsel in der Forschung am Zweiten Makkabäerbuch», Vol. 90 (2009) 1-31
According to a widespread opinion the purpose of the Second Book of Maccabees is to emphasize the great importance of the temple. This is plausible to a certain extent if the summary of history is read togther with the two introductory letters. But those authors are right who consider the letters to be originally independent of each other and also of the abrigded version. The construction of the summary taken in itself reveals a soteriology which attributes an important part to the witness of faith for the history of salvation, especially when bloodshed is involved. With regard to this point the abrigded version and the first introductory letter harmonize. Both the summary and the work as a whole have therefore a soteriological orientation and stress the witness of faith as relevant for salvation.
Der Standpunkt des Epitomators 13
In 10,18-20 und 12,40 ist die Gefahr für die israelitische Religion durch
das Fehlverhalten jüdischer Repräsentanten motiviert. Damit enthält
der Block 10,10–13,26 Einheiten, die in Kurzform wichtige, aber nicht
alle Elemente von 4,1–10,9 enthalten. Erst Kapitel 14 und 15 umfassen
wieder das volle Repertoire von Glaubensabfall (14,1-10.26-27),
Gefährdung (14,11-25.28-33; 15,1-20.25), Glaubenszeugnis (14,37-46,
vgl. auch 14,34-36; 15,21-24.26.27a), Erfolg (15,27b-37) und Stiftung
eines Festes (15,36). Nachdem das soteriologische Prinzip bis 10,9 breit
entfaltet ist, kann es sich 10,10–13,26 leisten, dieses Thema beständig,
aber nur kurz anzutippen. R. Doran stellte bereits 1981 fest, dass die
Schlachtenerzählungen von 10,10–13,26 “miniatures of the battles
described in larger extent in 2 Maccabees 8 and 15†(40) sind. Und die
Anrufungen Gottes in 3,15-22; 10,16.25-26; 11,6; 12,6.15.36-37.42-45;
13,10-12 erfüllen in bescheidenerer Form eine ähnliche Funktion wie
die großen Glaubenszeugnisse von 6,9-11.17-7,42. In pragmatischer
Hinsicht bricht 10,10–13,26 vermutlich die hehre Märtyrertheologie
von 3,1–10,9 auf das alltägliche Leben der einfachen Gläubigen
herunter (41): Nicht jeder kann und braucht ein Märtyrer zu werden; aber
Gottes Heil im Gebet herabzurufen, soll die Grundhaltung eines jeden
Frommen sein! Die ausgefaltete Soteriologie von 3,1–10,9 prägt
jedenfalls die Lesererwartung von 10,10–13,26 und steuert sie.
Der heilsgeschichtliche Umschwung erfolgt im Bauplan des
Buches in der Lebenshingabe der großen Gestalten von 6,18–7,42;
14,37-46. In dieser Erkenntnis liegt der Interpretationsschlüssel für den
gesamten Geschichtsauszug. Vor der inhaltlichen Auslegung der
Epitome sind jedoch noch ihre weiteren Eigenheiten und die Umstände
ihrer Entstehung zu erörtern.
4. Historische Zuverlässigkeit des Auszugs
Die Epitome ist vor allem religiös motiviert und weniger historisch
interessiert. Ihr Anliegen ist es, nicht nur zu informieren, sondern mehr
noch zu erbauen. Das ist allgemein anerkannt (42), und dazu bekennt
(40) DORAN, Propaganda, 68.
(41) Möglicherweise beruht die Abschwächung des Grundschemas auch auf
der Textvorlage des Epitomators, nämlich des umfangreichen Werkes von Jason
von Kyrene, das die hochstehende und ausgefeilte Soteriologie von 2 Makk wohl
noch nicht entwickelt hatte.
(42) Vgl. ABEL, livres, XXXIV-XXXV; R. ZIADÉ, Les martyrs Maccabées: de
l’histoire juive au culte chrétien. Les homélies de Grégoire de Nazianze et de Jean
Chrysostome (SvigChr 80; Leiden – Boston 2007) 47.