Bertram Herr, «Der Standpunkt des Epitomators. Perspektivenwechsel in der Forschung am Zweiten Makkabäerbuch», Vol. 90 (2009) 1-31
According to a widespread opinion the purpose of the Second Book of Maccabees is to emphasize the great importance of the temple. This is plausible to a certain extent if the summary of history is read togther with the two introductory letters. But those authors are right who consider the letters to be originally independent of each other and also of the abrigded version. The construction of the summary taken in itself reveals a soteriology which attributes an important part to the witness of faith for the history of salvation, especially when bloodshed is involved. With regard to this point the abrigded version and the first introductory letter harmonize. Both the summary and the work as a whole have therefore a soteriological orientation and stress the witness of faith as relevant for salvation.
Der Standpunkt des Epitomators 9
Ein Schwachpunkt dieses Lösungsvorschlags liegt in seiner
Methodenfolge: er ordnet literarkirtische Schritte der synchronen
Analyse vor und gelangt so zwangsläufig zu literarkritischen
Operationen. Eine wichtige Entscheidungshilfe hinsichtlich der
Originalität von 10,1-8 wird einerseits die Strukturanalyse des
Geschichtsberichts liefern. Anderseits können schon vorab inhaltliche
Erwägungen einen Hinweis geben: Denn es ist doch kaum vorstellbar,
dass der Geschichtsreport das Hauptereignis des Jahrhunderts, die
Rückgewinnung des Heiligtums, einfach hätte übergehen können, wie
D.R. Schwartz und É. Nodet voraussetzen. Sie zerschneiden den
gordischen Knoten doch wohl eher, als dass sie ihn lösen. Im
Folgenden ist die Geschichtsdarstellung daher eigenständig auf Inhalt
und Form hin zu untersuchen, um ihre Intention für sich und im
Zusammenhang mit den Eingangsbriefen hin zu ermitteln.
2. Der literarische Charakter der Epitome
Wie der Autor von 2 Makk bekennt (2,19-32; 15,37-39), legt er
eine Kurzfassung (Epitome) eines fünfbändigen Werkes eines
ansonsten unbekannten Jason von Kyrene vor. Die Forschung kennt
dabei zwei Extrempositionen im Verhältnis der beiden Verfasser
zueinander: Immer wieder wurde (1) die Berufung des Epitomators auf
die Textvorlage des Jason im Vor- und Nachwort als Fiktion und
literarischer Kniff des Verfassers angesehen (30). Diese Sicht bevorzugt
wieder R. Zwick in seiner gründlichen Studie von 1998 (31). Zwei
Umstände lassen jedoch die Erklärung des Epitomators glaubhaft
erscheinen (32): Einmal legen gelegentliche Unebenheiten im Auszug
tatsächlich die Annahme einer Überarbeitung nahe. Und zweitens wäre
es unerklärlich, weshalb der Fälscher ausgerechnet einen erfundenen
und nichtssagenden Namen als Autorität bemüht hätte; pseudepigraphe
Schriften wählen im Gegenteil möglichst berühmte und angesehene
Persönlichkeiten.
(30) Vgl. F.-M. ABEL, Les livres des Maccabées (EtB; Paris 21949) XXXIII.
(31) R. ZWICK, “Unterhaltung und Nutzen. Zum literarischen Profil des 2.
Buches der Makkabäerâ€, Steht nicht geschrieben? Studien zur Bibel und ihrer
Wirkungsgeschichte. Festschrift für G. Schmuttermayr (Hrsg. J. FRÜHWALD-
KÖNIG – F.R. PROSTMEIER – R. ZWICK) (Regensburg 1998) 125-149. Ihm schließt
sich G. SCHMUTTERMAYR, “Makkabäer, Makkabäerbücherâ€, LThK 6 (31997) 1225-
1230 (hier 1227) vorbehaltlos an.
(32) Vgl. B. BAR-KOCHVA, Judas Maccabaeus. The Jewish Struggle against
the Seleucids (Cambridge 1989) 170, Anm. 53.