Nils Neumann, «Bewegungen im Dreieck: Heil als Begegnung im erzählten Raum des lukanischen Sonderguts.», Vol. 97 (2016) 375-394
The Lukan Sondergut develops its soteriology by narrating encounters inside a triangular spatial structure. Several important pericopae make use of a recurring scheme: salvation takes place in the encounter between the sinner and Jesus/God. The Pharisees who distance themselves therefrom are called upon to learn a lesson from the sinners and to share in the joy that results from the return of the lost one.
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Auch in der zachäus-Episode wird der oi=koj erwähnt und gibt hier
wiederum auch den Schauplatz ab, an dem die begegnung sich zuträgt.
Jesus fordert den zöllner dazu auf, hurtig (19,5: speu,saj; vgl. auch
V. 6) von seinem baum herunterzusteigen, damit er in seinem haus
(oi=koj) zu Gast sein kann (me,nw). Die Verwendung von dei/ deutet dabei
gemäß des lukanischen Gebrauchs an, dass die Forderung Jesu dem
zweck dient, Gottes soteriologische Vorsehung zu verwirklichen 37.
So geschieht es dann auch: Freudig (V. 6: cai,rwn) 38 nimmt zachäus
Jesus bei sich auf (u`pode,comai) 39. Das zentrale lukanische Motiv der
Freude begegnet hier somit erneut.
Alle fünf behandelten Szenen messen dabei der begegnung, die sie
beschreiben, eine soteriologische Qualität zu. insofern trägt die raum-
vorstellung der behandelten textabschnitte essenziell zur charakterisier-
ung 40 der auftretenden Figuren b bei: infolge der heilvollen begegnung
mit Jesus bzw. Gott können die als Sünder oder Außenseiter eingeführten
Figuren forthin nicht mehr als solche gelten. in diesem zusammenhang
kommen regelmäßig die Motive der a`marti,a und der swthri,a vor. Dem
empörten Pharisäer Simon legt der lukanische Jesus ein kurzes in die
Szene eingeschobenes Gleichnis vor (7,41-43). Die darin vorgenommene
Korrelation von Schuldenerlass und Liebe wendet er anschließend auf
die Frau an: avfe,wntai ai` a`marti,ai auvth/j (V. 47). Die Figur, die gleich
zu beginn als Sünderin eingeführt wurde, erfährt am Ende der Szene
nun den zuspruch der Sündenvergebung (V. 48). Die Sequenz endet
mit dem pointierten Ausspruch h` pi,stij sou se,swke,n se (V. 50) und
deutet das Verhalten, das die Frau Jesus gegenüber an den tag gelegt
hat, somit als Glauben, welcher das heil nach sich zieht 41.
Der verlorene Sohn legt — so wie er es sich im inneren Monolog 42
zuvor vorgenommen hat — dem Vater gegenüber ein Sündenbekennt-
37
Vgl. dazu insbes. ch.h. cOSGrOVE, „the Divine DEI in Luke-Acts. inves-
tigations into the Lukan understanding of God’s Providence“, NT 26 (1984) 168-
190, pass. Vgl. ferner bOVON, Evangelium iii, 274; EcKEY, Lukasevangelium ii,
784; KLEiN, Lukasevangelium, 601; WOLtEr, Lukasevangelium, 612.
38
Vgl. hierzu auch iNSELMANN, Freude, 332.
39
zur gastlichen Aufnahme Jesu durch den Oberzöllner vgl. auch bOVON,
Evangelium iii, 274.
40
Vgl. dazu WürzbAch, „Erzählter raum“, 122.
41
So auch EcKEY, Lukasevangelium i, 364.
42
Auch der innere Monolog ist ein mehrfach begegnendes erzählerisches Mit-
tel in der Gestaltung lukanischer Gleichnisse. Vgl. Ph. SELLEW, „interior Mono-
logue as a Narrative Device in the Parables of Luke“, JBL 111 (1992) 239-253, pass.
Vgl. zur Stelle auch bOVON, Evangelium iii, 48; WOLtEr, Lukasevangelium, 533.