Georg Hentschel - Christina Nießen, «Der Bruderkrieg zwischen Israel und Benjamin (Ri 20)», Vol. 89 (2008) 17-38
The story about Israel’s war against their brother Benjamin (Judg 20) is told from Israel’s perspective. Benjamin almost does not get a word in edgeways. But the fight against their 'brother' Benjamin is only then successful, when Israel shows
confidence in God by weeping, fasting and making sacrifices. Conspicuous repetitions and syntactical disturbances point to a thorough revision. If one pays attention to the distinction of names — 'sons of Israel' and 'man of Israel' — and to the differences in structure and strategy, dates and times, numbers and theology, then the second account of the last fighting (20,36c-47) turns out to be a part of an independent tradition. A younger narrator added to this old narrative, that the 'sons of Israel' learned to inquire of God after two setbacks, and God helped them to defeat Benjamin, their 'brother'. The contribution of the deuteronomistic and priestly redactions is relatively small.
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5,19.23) (74). Einige Paralleltexte können noch aus der vorexilischen
Zeit stammen (75). Ähnliches gilt für den Schlag Jhwhs gegen Benjamin
(vgl. 1 Sam 4,3) (76). Klageriten der “Söhne Israels†hat es in der
altehrwürdigen Stadt Bet-El nach dem Zeugnis des Sacharja (7,3)
schon “viele Jahre†vor der Ära des Darius gegeben, wahrscheinlich
aber erst nach der Zerstörung Jerusalems 587 v.Chr (77). Die Erzählung
von den “Söhnen Israels†könnte also aus spätvorexilischer, aber auch
aus exilischer Zeit stammen.
Der Ausdruck “Mann Israels†(Ri 20,11.17.202.22.31.33.36.38.
39 .41.42.48) begegnet auffallend oft in den Aufständen von Abscha-
2
lom und Scheba (2Sam 15,13; 16,15.18; 17,14.24; 19,23.42.43.442;
20,2). Auch wenn der “Mann Israels†nur einmal im Kern der
Erzählung über den Abschalom-Aufstand (2 Sam 15,13) erscheint (78),
dürfen die anderen Belege ebenso aus der vorexilischen Zeit
hergeleitet werden.
III. Abschluss
Die diachrone Analyse hat zwar eine Reihe von Indizien nennen
können, die den Werdegang erahnen lassen. Aber es handelt sich
offenbar um einen komplizierten Prozess, der nicht mehr restlos
entschlüsselt werden kann (79). Wer allzu weit über das hinaus geht, was
sich am Endtext noch beobachten lässt, stößt mit Recht auf die
zunehmende Skepsis gegenüber Literar- und Redaktionskritik.
Deutliche Unterschiede weisen vor allem die beiden Erzählungs-
varianten von den “Söhnen Israels“ und dem “Mann Israels†auf. Sie
(74) Anders in 1 Sam 10,22; 22,10; 28,6; 2 Sam 2,1; 1 Chr 10,13.
(75) Vgl. A.A. FISCHER, Von Hebron nach Jerusalem. Eine redaktions-
geschichtliche Studie zur Erzählung von König David in II Sam 1-5 (BZAW 335;
Berlin – New York 2004) 263-266 (zu 2 Sam 5,19.23) und 323 Anm. 165 (zu 1
Sam 23,1-5).
(76) Vgl. W. DIETRICH, David. Der Herrscher mit der Harfe (Biblische
Gestalten 14; Leipzig 2006) 51.
(77) Vgl. VEIJOLA, Verheißung, 194, und Ph. GUILLAUME, Waiting for Josiah.
The Jugdes (JSOTSS 385; London – New York 2004) 204-207.
(78) R.G. Kratz (Die Komposition der erzählenden Bücher des Alten
Testaments [UTB 2157; Göttingen 2000] 181) sieht in 2 Sam 15,1-6.13; 18,1-
19,9a den ältesten Bestand der Aufstandserzählung.
(79) Vgl. BURNEY, Judges, 447: “its present form must have resulted from a
very complicated process of combination and later working overâ€. Ähnlich
Sh. SHNITZER, “Politische Propaganda in Richter 19-21†(Hebr.), Bet Mikra 35
(1989) 27.