Ulrich Berges, «Die Armen im Buch Jesaja. Ein Beitrag zur Literaturgeschichte des AT», Vol. 80 (1999) 153-177
In the book of Isaiah, as opposed to other prophets, the topic of the poor is especially important. The socially speaking needy but independent small landholder (Amos) becomes a privileged favourite of Yhwh in the message of Isaiah. In the eschatological registrations the poor are taken to Zion. During the Babylonian exile, in the "furnace of distress" (Isa 48,10) arises the servant of Yhwh, i.e. the Gola willing to return to their country. In the last part of the book the servants, descendants of the oppressed Ebed and the humiliated woman Zion emerge from the Gola. The constellation of different motifs concerning the poor, Zion and the servants gives the book of Isaiah in its final redaction quite a special appearance.
Knechte als Nachkommen des Ebed und Kinder Zions; sie bilden die arme, vor dem Gotteswort zitternde Gemeinde, die Wohnrecht auf dem Zion genießt61.
Die Erfahrung des Exils hat demnach nicht Israel insgesamt verändert, sondern nur eine Gruppe, die ihren Ursprung in der Gola-Gemeinde hatte. Es wird eine eschatologische Scheidung und Entscheidung erwartet, in der Gott seine Macht zugunsten der Knechte, aber gegen ihre Gegner offenbart (66,14). Deren Herausforderung, JHWH möge sich doch zeigen, damit auch sie sich freuen könnten (66,5), wird sich zu ihrer Vernichtung erfüllen!
Wie keine andere Belegstelle der Armenterminologie bringt Zef 3,12 das Resultat dieser eschatologischen Scheidung auf den Punkt: Daß Zef 3,12 nicht dem Propheten Zefanja zur Zeit der joschijanschen Reform zugerechnet werden kann, zeigt u.a. die wörtliche Übereinstimmung von Zef 3,12b mit Jes 14,32: "Ja, sie weiden und lagern sich, und keiner wird sie aufschrecken". Beide stammen aus der gleichen nachexilischen Zeit (Mitte 5. Jh.), in der sich eine gruppenspezifische Mentalität herauszubilden beginnt. Entgegen der vorexilischen Konzeption, wonach man durch den Mißbrauch der Reichen "arm" gemacht wurde, liegt es nun an einem selbst, ob man zum armen und bedürftigen Restvolk auf dem Zion gehören will. Die Bedingungen dafür sind in Zef 2,3 in aller Deutlichkeit genannt: "Sucht JHWH, alle Elenden des Landes (Cr)h ywn(-lk), die sein Recht tun, sucht Gerechtigkeit (qdc), sucht Demut (hwn(), vielleicht könnt ihr euch verbergen am Tag des Zornes JHWHs". Diese eindringliche Aufforderung an die Anawim steht im gesamten AT einzig da. Der Imperativ, JHWH zu suchen, richtet sich an diejenigen, die um das Gottesrecht wissen (im Gegensatz zu Jer 5,4!) und es in Demut praktizieren. Dem "Vielleicht" der Rettung steht in Zef 3,12-13 die Sicherheit des übrig gelassenen Restes gegenüber. Die eschatologische Scheidung und Entscheidung macht sich gerade am Thema der "Armen" fest!
In diesem Zusammenhang ist auch das Motiv des messianischen Herrschers als Garant einer gerechten, den Armen schützenden Ordnung zu verstehen (Jes 9,1-6; 11,1-9). Auch hier ist ein Durchbruch zur Armentheologie zu beobachten: nicht nur wird der messianische Herrscher für die Elenden eintreten, sondern er selbst