Kristin Weingart, «Eine zweite Chance für Israel? Gericht und Hoffnung in Hos 3,1-5», Vol. 97 (2016) 342-359
In Hosea 3 we find a reflection on the situation of the Northern-Israelites after the destruction of Samaria. The text, except for some slight additions, was originally composed shortly after 720 BCE by Northern Israelites and is part of an early composition of Hosea-materials. The fall of the Northern Kingdom is caused by the crimes denounced by Hosea and brought about by the divine judgment he had announced. The events therefore confirm Hosea’s prediction. Israel’s punishment is interpreted as an educational trial meant to make Israel return to YHWH. Hence, there is hope for restoration and a better future after the judgment.
EINE ZwEITE cHANcE FÜR ISRAEL? 353
Vielhauer bereits sekundäre Bestandteile innerhalb von v. *1-6. Dar-
über hinaus wiesen die Nähe zu Exodus 32–24 oder Jeremia 31 bzw.
inhaltlich die Ausrichtung als “kritische Alternative zur deuteronomi-
stischen Theologie” 55, die eine Skepsis gegen das menschliche Ver-
mögen zum Gesetzesgehorsam zu erkennen gebe und auf einen Her-
zensumschwung JHwHs hoffe, Hos 11,7-11 als jungen Text aus. Schüt-
te setzt die “Hoffnungsworte” in Hosea 11 insgesamt von einem “ge-
richtsprophetischen Kern” in Hosea 4–10 ab 56. Er verweist in Anknüp-
fung an Frank crüsemann 57 darauf, dass ht[ zwar in Kap. 4–10, aber
nicht in 11 verwendet werde (crüsemann hatte aus dem Befund jedoch
bewusst keine literarkritischen Konsequenzen abgeleitet.), und sich
daher als Erweiterung zu erkennen gebe.
Nun ist aber die Unfähigkeit der Israeliten zur Umkehr, wie sie in
Hos 11,2.7 zum Ausdruck kommt, keineswegs ein singulärer Topos in-
nerhalb von Hosea 4–11. Sie wird insbesondere in der Komposition
Hos 5,1 – 6,6 thematisiert, die bei Vielhauer freilich auf fünf literarische
Schichten aufgeteilt wird 58. Auch der Gedanke, dass letztlich nur JHwHs
erneute Zuwendung einen Neuanfang ermöglicht, ist dort bereits vor-
bereitet, schließlich ist der gegenwärtige Zustand durch JHwHs Rückzug
und Abwendung von Israel veranlasst (vgl. 5,15). Hos 11,1.3.8 motivieren
mit den Bildern der elterlichen Verbundenheit JHwHs zu Israel/Ephraim
diese option noch einmal auf andere weise 59. Schütte arbeitet mit einem
argumentum e silentio, das als solches wenig aussagekräftig ist,
schließlich kommt ht[ innerhalb von 4–10 zwar häufig (9x) aber auch
nicht in jedem Kapitel vor, und in Kap. 11 lässt sich keine Stelle
benennen, wo es zwingend zu erwarten wäre. Es lassen sich also kaum
klare literarkritische Indizien (Brüche, Doppelungen, terminologische
oder stilistische Differenzen u.ä.) benennen, die Kap. 11 mit hinreichender
Sicherheit als Nachtrag ausweisen. Dass Hoffnungsworte nicht in Hosea 4–
10, sondern nur in Hosea 11 vorlägen, stimmt so pauschal auch nicht, denn
die option einer Zuwendung JHwHs, freilich auch mit ihren bedrohlichen
Konsequenzen, klingt ebenfalls in Hos 6,11 – 7,1 (vgl. auch 6,1-3) an 60.
55 VIELHAUER, Werden, 42.
56 ScHÜTTE, “Entstehung”, 203-204.
57 F. cRÜSEMANN, “ht[ – jetzt. Hosea 4–11 als Anfang der Schriftprophetie”,
Kanon und Sozialgeschichte (Gütersloh 2003) 131-145.
58 Vgl. die Übersicht bei VIELHAUER, Werden, 225-229.
59 Zu Hos 5,1 – 6,6 und der Diskussion um Komposition und Pragmatik des
Kapitels vgl. wEINGART, Stämmevolk, 272-282 (Lit!).
60 ScHÜTTE, “Entstehung”, 204. Schütte erwägt zwar, dass 6,11 sekundär sei
(210-211), 7,1 problematisiert er nicht.