Dieter Böhler, «Liebe und Freundschaft im Johannesevangelium. Zum alttestamentlichen Hintergrund von Joh 21,15-19», Vol. 96 (2015) 599-608
This article argues that Jesus' threefold question to Peter in John 21,15-17 is not the same question posed three times but, rather, three different questions of which only the last one gets a clear "Yes". Jesus asks Peter if by now he had reached that love which is ready to give one's life for a friend. In John 13,37 Peter had professed loudmouthed that he was ready. In John 21,15-17 he acknowledges that he is not ready yet.
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Solche Versuche sind mit Recht gescheitert und können zur Auslegung
von Johannes 21 nichts beitragen. Anders steht die Sache, wenn das Jo-
hannesevangelium selbst eine Verhältnisbestimmung von avga,ph / avgapa/n
und fili,a / filei/n / fi,loj vornimmt. Es geht in Johannes 21 nicht um
eine solche allgemeine von außerhalb ins Johannesevangelium importierte
Definition von fili,a und avga,ph, sondern um die im Johannesevangelium
zwischen Jesus und seinen Jüngern, speziell Petrus, vorgenommene Inbe-
ziehungsetzung. Diese geschieht ausdrücklich in Joh 15,13 und im Gesamt
von Johannes 13–15. Joh 15,13 ist der einzige Vers vor Joh 21,15-16, in
dem fil* und avgap* kombiniert vorkommen. Jesus definiert in Joh 15,13
avga,ph als die Bereitschaft, sein Leben für seine fi,loi einzusetzen. Dabei
sagt er positiv, seine Jünger und er seien fi,loi.
Im Abendmahlssaal hatte zuvor Petrus versichert, er sei bereit, sein Leben
für Jesus einzusetzen. Er gebraucht genau die Worte, die Jesus in 15,13
für die Definition der avga,ph benutzen wird: th.n yuch,n mou u`pe.r sou/ qh,sw
(Joh 13,37). Damals hatte Jesus im Vorausblick auf die künftige dreifache
Verleugnung dem Petrus diese Bereitschaft und damit die “Liebe” abge-
sprochen. Der weitere Verlauf der Ereignisse hatte ihm Recht gegeben.
Nun, in Joh 21,15-17, kommt Jesus auf die Frage aus dem Abendmahlssaal
zurück: Er fragt seinen “Freund” Petrus, ob er denn unterdessen jene
“Liebe” habe, die bereit ist für den “Freund” das Leben einzusetzen. Er
fragt zunächst zweimal, beim zweiten Mal bereits auf das ple,on tou,twn
verzichtend. Da Petrus zweimal seine Jesus seit langem bekannte fili,a
versichert, aber die durch Lebenshingabe bestimmte avga,ph nicht mehr
wie damals im Abendmahlssaal voreilig, ja großsprecherisch zu behaupten
wagt, kommt ihm Jesus entgegen bis auf die unterste Ebene, auf der Petrus
steht, zu der er sich nunmehr bekennt: filw/ se “ich bin dir freund”. Diese
of meaning in this variation of vocabulary; but British scholars of the last
century, like Trench, Westcott, and Plummer, found therein subtle shadows
of meaning. We shall discuss their thesis, but we note that most modern schol-
ars have reverted to the older idea that the variations are a meaningless sty-
listic peculiarity”. Brown diskutiert die Argumente der genannten Autoren
des 19. Jh. dann auf S. 1103. Sie hatten textfremde Definitionen von avga,ph
und fili,a in den Johannestext eintragen wollen, wonach etwa “a more noble
form of love (agapan)” und “the lower form of friendship (philein)” einander
entgegengesetzt würden oder auch “reverential love (agapan)” und “passio-
nate personal affection (philein)”. Es ist offensichtlich, dass diese nichtbibli-
schen Definitionen mit Johannes nichts zu tun haben. Völlig zu Recht findet
BROWN, 1103, keine solchen Bedeutungsdifferenzen. Ähnlich C.S. KEENER,
The Gospel of John. A Commentary (Peabody, MA 2003) II der auf S. 1235-
1236 bemerkt, im 19. Jh. hätten einige Ausleger in der avga,ph eine höhere
“biblische” Liebe finden wollen, dagegen in der fili,a eine niedere “pro-
fane”. Keener kann das im Johannesevangelium nicht finden ― und zu Recht.