Georg Braulik, «Deuteronomium 1–4 als Sprechakt», Vol. 83 (2002) 249-257
In the end-text available to us, the book of Deuteronomy can, to a certain extent, be described as the documentation of a single large assembly of Israel on the eve of the death of Moses. Deuteronomy 1–4 would be its opening address. As is shown by the copula ht(w in 4,1, the speech act of the entire first address of Moses is to be determined from 4,1-40. Through imperative exhortations, and especially through the two indicative qatal-predications of v. 5 and v. 26, this text is made to refer to the present of the Mosaic speech situation. V. 5 constitutes the legal situation of a ‘promulgation of law’. For the case of its non-observance, v. 26 safeguards this ‘legal instruction’ by the placing of a curse. This speech act ultimately determines the function of the first address of Moses as a whole within the total set of events being narratively designed in Deuteronomy.
in einen pointiert mit Mwy als casus pendens eingeleiteten, mehrfach geschachtelten Objektsatz verpackt. Die Geschichtsrückblende wird also aus der Paränese des V. 9 herausentwickelt, steht ihr aber als aussagemäßig eigenständiger Abschnitt gegenüber. Er ist wesentlich breiter angelegt, bildet doch die Theophanie am Horeb durch die Erscheinungsweise Jahwes und seine "Bundes-" wie Gebotspromulgation die Kausalursache des Hauptgebotes und der mosaischen Gesetzesbelehrung.
Der mit V. 15 einsetzende paränetische Abschnitt ist anders aufgebaut. Die paränetische Aufforderung wird zunächst mit einem yk-Satz begründet, der mit der eben beschriebenen Horebtheophanie argumentiert, ehe sie in den VV. 16-18 und 19 in zwei mit Np negierten Finalsätzen weiterläuft, die sich in weiteren Sätzen entfalten. Sie verwehren einerseits die Anfertigung von Götterbildern in der Gestalt irdischer Geschöpfe, andererseits die göttliche Verehrung von Himmelskörpern. Sie hat Jahwe, wie V. 19 abschließend in einem Relativsatz feststellt, ja allen Völkern unter dem ganzen Himmel zugewiesen. Dieser Akt gehört noch zur Schöpfungstheologie, die im Hintergrund der VV. 16-19 steht, ermöglicht aber einen Überstieg zum Handeln Jahwes in der Geschichte Israels. Sie setzt mit V. 20 im Kontrast zur "Naturordnung" der Völker mit der Herausführung Israels aus Ägypten ein und läuft bis zur Inbesitznahme des prächtigen Erblandes in V. 22. Der paränetische Abschnitt der VV. 15-19 ist gegenüber dem Geschichtsabschnitt der VV. 20-22 ungleichmäßig gewichtiger ausgebaut, denn er thematisiert das Bilder- und Fremdgötterverbot.
V. 23 setzt neuerlich mit einer paränetischen Aufforderung ein, gefolgt von einem Np-Satz, der wie zuvor schon V. 15 im Rahmen der Paränese auf die Horebtheophanie zurückblickt und vor der Anfertigung eines Gottesbildes warnt. Doch folgt außerdem — nochmals analog zu V. 15 — in V. 24 eine mit yk eingeleitete Begründung. Davon deutlich abgegrenzt entwickeln die VV. 25-31 eine Zukunftsschau, die von der Zeit Israels im Land bis zu seiner Bekehrung wie Begnadigung in der Verbannung reicht. Jetzt dominiert wieder der geschichtliche gegenüber dem paränetischen Abschnitt: er blickt ja auf die Übertretung des Bilder- und Fremdgötterverbotes und ihre Folgen, aber auch die bleibende Umkehrmöglichkeit voraus.
Die breite Darstellung der vergangenen und kommenden Geschichte in den VV. 9-31 konzentriert sich also im ersten Abschnitt (VV. 9-14) auf die Horebereignisse, während sie dann in den beiden anderen Abschnitten, den VV. 15-22 und 23-31, einen Überblick vom Exodus bis zum babylonischen Exil entfaltet. Bei diesem Durchgang durch die Geschichte fällt auf, dass innerhalb der Geschichtsevokation das Jetzt der Rede schon innerhalb des zweiten Abschnitts erreicht ist, nämlich zwischen V. 21 und V. 22. Denn V. 22 spricht bereits von der noch bevorstehenden Landnahme, also von Zukünftigem. Erst danach unterbricht Mose die Geschichtsdarstellung und beginnt in V. 23 mit erneuter Paränese den dritten Abschnitt. Wenn dann in V. 25 die Zukunftsdarstellung wieder einsetzt, ist Israel schon im Land, und die Sündengeschichte im Land fängt an. Die Hauptgebotsparänese der VV. 9-31 bezieht somit ihre Mahnung ebenso wie die Gesetzesparänese von V. 6 und V. 40 nicht auf das Israel, das jetzt vor Mose steht, sondern auf das zukünftige Israel im Land.