Hans-Christoph Schmitt, «Wie deuteronomistisch ist der nichtpriesterliche Meerwunderbericht von Exodus 13,17-14,31?», Vol. 95 (2014) 26-48
In partial agreement with C. Berner's thesis, we grant that some essential parts of the non-priestly story of Exod 13,17–14,21 (the frame 13,17-19; 14,11-12.31; the pillar of cloud sections 13,21-22; 14,19b.20.24a?, and the songs of Moses and of Miriam 15,1-21) go back to a post-priestly late Deutero nomistic redaction. This redaction (1) combines a priestly with a pre-priestly version of the story, and (2) tries to unite the Pentateuch with the Deuteronomistic history in an 'Enneateuch'. We differ from Berner by stating that a pre-priestly core of Exod 14,5-30 does not show any Deuteronomistic features, but is dependent on pre-exilic cultic and prophetic traditions.
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WIE DEUTERONOMISTISCH IST DER MEERWUNDERBERICHT
51,10; 63,11; Sach 10,11 dadurch von der P-Darstellung, dass sie die
alleinige Wirksamkeit Jahwes bei der Ermöglichung des Durchzugs
betonen. Dass die P-Darstellung des Meerwunders hier nicht als ei-
genständige Größe rezipiert wird, wird dabei vor allem daran deutlich,
dass die besondere Rolle, die Mose in Exodus 14* P als im Auftrag
Jahwes wirkender Wundertäter wahrnimmt, nirgendwo aufgenommen
wurde, sondern durch “JHWHs unmittelbare Beteiligung an allen Pha-
sen des Geschehens†88 , wie sie die nichtpriesterliche Darstellung be-
tonte, ersetzt wurde (nur in Jes 63,11-12 und Ps 77,21 findet neben der
Betonung von Jahwes Machttaten Mose noch Erwähnung).
Dass der Durchzug Israels durch das Meer in der exilisch-nach-
exilischen Rezeptionsgeschichte eine so große Bedeutung erhält,
liegt daher nicht an einem unmittelbaren Rückgriff auf die pries-
terliche Darstellung. Vielmehr erhält der von Jahwe ermöglichte
Durchzug Israels durch das Meer diese Bedeutung, weil er zum
Bild für die Rückkehr Israels aus dem Exil wurde 89. Gleichzeitig
findet jedoch unter dem Gesichtspunkt der Betonung der “Allein-
wirksamkeit†Jahwes auch die theologische Botschaft des vorpries-
terlichen Meerwunderberichts gebührende Berücksichtigung in der
nachexilischen Rezeptionsgeschichte 90. Beachtenswert ist, dass
sich vor allem in den Prophetenbüchern Anspielungen auf das Meer-
wunder mit dieser theozentrischen Perspektive zeigen, ohne dass
dabei eine direkte Abhängigkeit von den nachpriesterlichen spät-
deuteronomistischen Elementen von Ex 13,17 – 14,31 erkennbar
wird 91. Dies deutet wohl darauf hin, dass es neben der Ãœberlieferung
von Exodus 13–14* auch andere nicht- bzw. vorpriesterliche Meer-
wunderüberlieferungen gab.
Fehlende Rezeption von bestimmten Elementen der Meerwun-
dertradition ist somit nicht unbedingt ein Zeichen für ihr erst junges
Alter. Vielmehr weist das Fehlen dieser Elemente auf ihre geringere
Bedeutung für die tradierende nachexilische Gemeinde. So wurden
aus der P-Darstellung die Rolle Moses als Wundertäter und aus dem
vorpriesterlichen Meerwunderbericht die Rolle eines völlig inakti-
ven Israel in der nachexilischen Situation als weniger angemessen
88
BERNER, “Meerwunderbericht†(bei Anm. 80).
89
Vgl. hierzu bes. die Anspielungen auf das Meerwunder bei Deuteroje-
saja (Jes 43,16-19; 51,10-11).
90
Vgl. u.a. das Zitat von Ex 14,14 in Dtn 1,30; 3,22; 20,4 und Neh 4,14.
91
Vgl. z.B. Jes 43,16-17.